Ein Vorschlag für den Ablauf einer Bierprobe. Für alle, die das selber machen, ein bisschen Inspiration für eigene Bierproben brauchen oder einfach neugierig sind. Geplant für die Kollegen, um ein bisschen die Biervielfalt aufzuzeigen.
Für einen schnellen Durchgang durch sehr unterschiedliche Bierstile mit den Kollegen stand ich vor der Frage, welche Biere man da aussucht. Nicht zu heftig, möglichst vielseitig und irgendwie spannend. Außerdem sollte ich sie selber mögen. Vielleicht ist das ein guter Rahmen. Eine kurze Bewertung gibt es am Ende dieses Beitrags, erstmal die eigentliche Reihenfolge und ein paar Gedanken, die die Biere erläutern sollen.
Die gewählten Biere und ihre Reihenfolge:
- Weltenburger Anno 1050 Märzen
- La Trappe Witte Trapiste
- Belhaven Scottish Ale
- Hitachino Nest Espresso Stout
- Fürst Wiacek New Age Retro Hippy
- Schneeeule Marlene
Ziel dieses Flugs durch die Biersorten ist es, ein wenig die Stellschrauben beim Bierbrauen kennenzulernen. Ich erkläre in Kürze den Brauprozess: Im einfachsten Fall nimmt man einen Topf Wasser, heizt das Wasser langsam auf, gibt irgendwann das Malz hinzu. Bei bestimmten Temperaturen lässt man die Maische stehen, um die Enzyme arbeiten zu lassen, die verarbeiten Stärke in Zucker.
Hat man den Zucker aus dem Malz gelöst, läutert man die Maische, d.h. man entfernt den Treber und lässt die Würze in die Sudpfanne fließen. Das Produkt wird jetzt wieder erhitzt und außerdem wird Hopfen zugegeben. Man spricht hier auch vom Hopfenkochen. Insgesamt sind bis hier ein paar Stunden vergangen.
Am Ende filtert man den Hopfen wieder auf, gibt die Würze ins Gärfass und kühlt sie dort. Bei 12 oder 20 °C gibt man die Hefe hinzu (Anstellen), lässt es gekühlt vergären und füllt das Jungbier nach dieser Zeit in Flaschen ab, wo es noch etwas reift.
Beim Märzen (hier einem Anno 1050 von der Weltenburger Brauerei) vergärt das Bier untergärig bei 10-12 °C. Von unseren Bieren sind das Mezzoforte, das Elektron und die Orkmedizin untergärig. Diese unterscheiden sich letztlich nur darin, wieviel Malz sie enthalten und wie viel Hopfen beim Kochen zugegeben wurde. Eine nicht unerhebliche Rolle spielt noch die Därrung des Malzes.
Offensichtlich gibt es mehrere Stellschrauben, wie man sein Bier verändern kann. Schenken wir das Witte Trappist ein, können wir ersteinmal das Auge und die Nase benutzen. Zugegeben, da ist so einiges anders als bei einem Hellen. Es ist trüb, in einem sauberen Glas sieht man auch schön den Schaum, der etwas feinporiger ist. Der Geruch ist weniger malzig. Und dann sind da noch ein paar andere Noten.
Bei Trinken kann man die weiteren Zutaten vielleicht etwas deutlicher herausschmecken. Typischerweise gehört neben Gerstenmalz auch Weizen und Hafer in ein Witbier. Dazu ist es ein obergäriges Bier. Gerade die obergärigen Hefen erzeugen besondere Geschmäcker. Häufig kennt man die Bananenaromen vom Weißbier oder auch Nelken. Die kommen von einer Reaktion der Hefen mit Stärkeabbauprodukten, die mit Weizenzugabe besonders stark sind. Zum Bittern kommt beim Witbier traditionell Orange zum Einsatz, außerdem Koriander. Das Witte Trappist hat davon nichts drin, außerdem kommt es aus den Niederlanden, aber psst…
Wir brauen übrigens selber ein Witbier, das DOCROOT.
Apropos Malz und Getreide. Was ist eigentlich Malz? Und was ist Mälzen? Beim Mälzen lässt man Getreide keimen und stoppt diesen Prozess durch das Därren, also das Erhitzen und Trocknen. Bei welchen Temperaturen und mit welchem Heizmaterial man därrt, hat einen ganz wichtigen Einfluss auf Farbe und Geschmack des Malzes und damit des Bieres.
Als nächstes in der Reihe kommt jetzt ein Scotch Ale von Belhaven, bei dem die markante Zutat der über Torf gedärrte Malz ist. Kenner kennen das vielleicht vom Whiskey, der ja auch ein Malzprodukt ist.
Im Englischen kann man übrigens ganz leicht erkennen, ob ein Bier ober- oder untergärig ist. Ales sind obergärig, während untergärige Biere Lager heißen. Beide sind übrigens Biere.
Wen es interessiert: Helle Malze sind Pilsener, Weizen und Pale-Ale-Malz. Für die typischen Dunkelbiere kommt häufig Münchner oder Wiener Malz zum Einsatz. Dunkler noch sind die Cara-Malze, die zudem eine starke Karamellnote haben. Noch dunklere Malze habe ich selber nie verwendet.
Waren wir bisher noch in Rahmen des Reinheitsgebots? Keine Ahnung, eigentlich egal. Spätestens jetzt verlassen wir diese Gefilde. Das nächste Bier ein ein Stout, dem in der Maische Espressobohnen zugegeben wurden.
Was ist jetzt ein Stout? Wir bewegen uns im Gebiet der klassischen britischen Biere. Mit einem neuen Därrverfahren wurden die Malze im 18. Jahrhundert weniger rußig, die Biere nicht unbedingt hell, aber weniger dunkel. Zitat aus Wikipedia: „Durch das kontrolliertere Darren über Koks wurde erstmals die Herstellung hellerer Malzsorten (pale malts) möglich“. Das sogenannte Pale Ale war geboren. Der Quasi-Vorgängerstil Porter war immer noch verbreitet, aber eher so ein Arme-Leute-Bier. Wer etwas auf sich hielt, aber trotzdem gerne dunkle Biere trank, musste sich vom Pöbel abgrenzen, also musste etwas Neues her: Das Stout ist dichter und stärker als der Proter. Guinness ist so ein klassischer Stout. Je nach Stammwürze, also dem Verhältnis Malz zu Brauwasser, wird ein Stout zu einem Imperial Stout. Das Hitachino Nest fällt in die Kategorie Russian Imperial Stout. Der Zusatz Russian stand für Bier, das nach Russland für die dortige Aristokratie exportiert wurde.
Apropos Reinheitsgebot: Das ist ein ziemlicher Quatsch. Aber es entstand wohl mal, damit die Leute das gute Essen (=Weizen) nicht einfach so verkochen. Das typisch bayerische Bier, das Weißbier, mit einem Weizenmalzanteil von 60% genügt also nicht dem bayerischen Reinheitsgebot.
Zurück zum „reinen“ Bier. Hopfen enthält verschiedene Aromastoffe, die sich bei unterschiedlichen Temperaturen lösen. Die Bitterstoffe (Alpha-Säuren) sind sehr stabil und sie lösen sich bei hohen Temperaturen. Deswegen kocht man den Hopfen. Wenn man mehr von den blumigen Noten haben möchte, von den Aromen, nimmt man natürlich einen Hopfen mit weniger Alpha-Säuren und gibt ihn erst beim Abkühlen der Würze hinzu. Häufig passiert das im Rahmen einer sogenannten Whirlpool-Gabe bei 80°C. Man kann auch warten, bis das Bier im Fass vergoren ist und dann nochmal 2-3 Tage Hopfen hinzugeben. Dabei lösen sich Noten von Zitrusfrüchten oder tropischem Obst. Man nennt diesen Vorgang Kalthopfung oder Hopfenstopfen. Die dabei entstehenden Aromen sind nicht sonderlich langlebig – ein flüchtiger Geschmack. Auf Englisch heißt dieser Prozess Dry Hopping. Diese Biere altern schnell, ihr solltet sie möglichst jung kaufen.
Berühmt geworden ist Hopfenstopfen mit den India Pale Ales. Die erste Brauerei, die in großem Maßstab damit experimentiert hat, heißt Sierra Nevada. Der Hopfen, der die gewünschten Citrus-Noten ins Bier gebracht hat, heißt Cascade. Seither gibt es eine ganze Reihe neuer Hopfenzüchtungen, die jeweils eine bestimmte Geschmacksrichtung mitbringen. Zum Veranschaulichen gibt es an dieser Stelle ein IPA und zwar von einer unserer bevorzugten deutschen Brauereien. Bei einem IPA ist es relativ kniffelig, die bitteren Hopfenaromen und die malzige Süße aufeinander abzustimmen. Fürst Wiaczek schafft das meistens sehr gut. Auch ist es wichtig, dass Nase und Mund nicht allzuweit auseinander liegen.
Wir haben übrigens zwei hopfenbetonte Stile in unserem Sortiment. Das Tempest und das Krak.
Der weltweit dominierende Bierstil ist das Bier nach Pilsener Art bzw. das Americal Light Lager. Seine Geschichte beginnt wohl irgendwie in der Carlsberg-Brauerei, wo im 19. Jahrhundert die dazugehörige Hefen in Reinzucht isoliert wurde. Reinzucht-Hefen erlauben, die Charakteristiken sehr genau zu steuern – klar definierter und reproduzierbarer Geschmack. Deshalb hat diese Hefesorte die Welt schnell erobert und die Bier-Vielfalt ziemlich eingeschränkt. Ein Wegbereiter sind da natürlich die Großbrauereien, die Craftbeer-Szene siehr sich da als Gegenbewegung und mit Hefen zu experimentieren, gehört deshalb auch in diesen Bereich. Insbesondere in der belgischen Brautradition begegnet man noch anderen Hefen, wilden Hefen manchmal. Oft kommt auch nicht nur Hefe, sondern auch Michsäurebakterien, Lactobacillus brevis, zum Einsatz. Dabei entstehen häufig Säuren, die sehr charakteristisch für den Geschmack sind.
Wir haben jetzt hier vor uns eine klassische Berliner Weisse, vergoren mit einer Brettanomyces-Hefe. Die ist ziemlich radikal, isst alles auf. Kurzkettige Zucker, langkettige Zucker und dann alles, was Geschmack hat. Brett verseucht ein Gärhaus und verdrängt alle anderen Hefen. Deswegen kommt das bei uns nicht zum Einsatz. Wir haben aber trotzdem ein Sauerbier im Repertoire, das Brombier.
Diese Berliner Weiße ist die Marlene. Ihr Geschmack wird primär durch die Hefe bestimmt. Recht willkürlich bekommt die ein Haltbarkeitsdatum von einem Jahr aufgeklebt. Dank der Brett, die keine anderen Mikroben neben sich duldet, ist sie aber quasi unendlich haltbar. Nach einem Jahr wir ihr das Label abgezogen und sie kommt als Dietrich wieder in den Markt.
Was fehlt noch? Viel. Die Fortsetzung dieser Bierprobe würde dann wahrscheinlich noch ein paar andere Ecken ausloten: die Malz-Alternativen Mais und Reis, Italian Grape Ales, bei dem zur Maische noch Traubensaft kommt, Trappistenbiere, die mit Zuckersirup arbeiten, …
Die Kollegen waren teilweise etwas überfordert mit den Bieren, aber jedes Bier hat seine glücklichen Abnehmer gefunden. Am einfachsten war auf jeden Fall der Märzen von Weltenburger. Hopfig funktioniert auch meistens, deshalb konnten sich mindestens zwei für Fürst Wiaczek erwärmen. Das Scottisch Ale und der Espresso Stout waren wohl am wenigsten massenkompatibel.