Wenn einer eine Reise tut, dann muss er eine Brauerei besichtigen. Traditionen wie diese nehmen wir sehr ernst, weshalb wir bei einem kürzlichen Besuch im Norden Deutschlands nicht um einen entsprechenden Zwischenstopp herum kamen.
Eigentlich war für das Frühjahr ein Besuch der Heimbrauconvention geplant, aber wie die Pandemie so spielt, fiel dieser ins Wasser. Um dem Brauerwissensdurst trotzdem etwas entgegensetzen zu können, gingen wir unsere Optionen durch, und da noch eine Flasche aus dem Hamburger Senatsbockssixpack übrig war, landeten wir schlussendlich bei der Landgang Brauerei.
Lustigerweise bekamen wir kurz nach Buchung der Führungstickets unabhängig noch einmal eine Empfehlung für ebendieses Ziel, verbunden mit warnenden Worten zum sehr kniffeligen Weg zur Brauerei. Perfekt! Abenteuer und Bier in Einem!
Wir machten uns also am festgelegten Abend auf und ein paar Straßenecken im Altonaer Norden später fanden wir uns enttäuschend schnell vor einem Brauereiversand und – tadaaaa – der Landgang Brauerei wieder. Drinnen war alles in schummeriges Kuschellicht getaucht, neben uns plante man Hochzeiten, und alles war voller Bier (in Tanks und Flaschen). Bemerkenswert: Die Paletten mit den Flaschen waren à la „Die hier als erstes“, „die hier als zweites“ beschriftet, um sicherzustellen, dass das älteste Bier nicht als letztes rausgeht. Ein klares System und als wir es verinnerlicht hatten, wurden wir auch schon zum eigentlichen Event gerufen.
Die Führung
Die Führung begann mit einer kurzen Rohstoffkunde (Malze probieren, Hopfen beschnuppern) und einer Vorstellungsrunde. Außer uns nahm noch ein Haufen Darmstädter Studenten teil. Unterwegs haben wir einiges aufgeschnappt, ein bisschen davon haben wir uns sogar gemerkt, das wenigste davon richtig und das versuchen wir hier mal wiederzugeben.
Die Landgangbrauerei hieß früher einmal Hopper. Gleichzeitig gab es bereits Hoppe-Bräu aus München. Das war okay, die beiden waren weit genug voneinander entfernt, dachte man. Bis schließlich eine Spedition doch tatsächlich Rohstoffe falsch lieferte. Da die Münchner bereits länger auf dem Markt waren, entschied man sich im hohen Norden für die Umbenennung ins lokal-angehauchte Landgang. Übrigens brauten die heutigen Landgang Brauer zu dem Zeitpunkt noch gar nicht in Hamburg, sondern kamen als Gipsy-Brauer in Celle unter.
Gebraut wird ganz klassisch im Infusionsverfahren, dafür gibt es einen Maischebottich, der gleichzeitig Sudpfanne ist, einen Läuterbottich und einen Whirlpool-Trog. Letzterer ist fast baugleich mit der Sudpfanne, kommt aber wohl nur für den Whirlpool zum Einsatz. Von dort geht es weiter per Pumpe in die Gärbehältnisse in dem Raum, in dem auch die Gastronomie ist.
Die Brauerei hat eine kleine Flaschenspülanlage, die sie auf dem Gebrauchtmarkt erworben hat (irgendwie spielt ein Gartenschlauch eine Rolle, vermutlich, um die Flaschen letzten Endes nochmal äußerlich zu reinigen nach dem Abfüllen). Kästen hat die Brauerei übrigens keine eigenen — das ist zu teuer und verführt die Sammler zum Behalten.
Verkostung
Krönender Abschluss einer jeden Brauereiführung ist natürlich die abschließende Verkostung der lokalen Erzeugnisse. Da gab es fünf Mal 0,2l (sehr gut eingeschenkt), und zwar in folgender Reihenfolge: Helles, Gose, IPA, DDH IPA und zum Abschluss den Senatsbock. Die sind alle recht in Ordnung, bei DDH IPA ist eine auffallende Jasminnote in Erinnerung geblieben. Der Senatsbock war ja der Auslöser des Ganzen, deshalb bereits positiv konnotiert und auch hier wieder sehr solide. Interessant waren die Darmstädter, die eigentlich wohl bisher primär Pils getrunken hatten. Da ging es dann auf einmal deutlich auseinander, ob die Gose oder die hopfigeren Sorten die besseren wären.
Wir haben uns noch mit Treberbrotchips eingedeckt und unsere Verköstigung fortgesetzt mit einem Pale Ale, einem Dunklen, einem Zwickel und einem Tjenemit „Es war einmal“ — gebraut mit Datteln und Kardamon. Auch die alle sehr spannend, das ägyptisch angehauchte war definitiv zu süß, um ständig getrunken zu werden, aber nichtsdestotrotz gut.
Währenddessen haben wir uns ausgetauscht, Tipps gegeben und bekommen. Für München haben wir uns jetzt fest einen Besichtigung der neuen Anlage der Giesinger Brauerei vorgenommen. Außerdem wurde uns ein neues alkoholfreies Bier empfohlen, das Freibier der Stieglbrauerei, das wir inzwischen schon probiert haben und wozu es einen separaten Beitrag geben wird.
Fazit
Freunde der Landgang-Biere haben sicher ihre Freude an der vor Ort angebotenen Führung und auch für Brauneulinge gibt es dort sicher viel zu entdecken. Auch wir hatten einen netten Abend und fanden zumindest die Brauanlage und die zugehörigen Transportsysteme sehr interessant.
Wer häufiger Brauereien besucht und mit dem Brauprozess einigermaßen vertraut ist, wird wahrscheinlich nicht viel Neues erfahren und kann sich getrost aufs Verkosten konzentrieren. Letzteres ist auch denen geraten, die sich erhoffen mit den lokalen Brauern ins Gespräch zu kommen oder eher spezielle Details zu erfahren — hier ist eine direkte Kontaktaufnahme sicher zielführender.